Planungsgeschichte

1992

Bebauungsplan Potsdamer und Leipziger Platz. Die Umweltgutachter sagten, der schwerwiegendste Eingriff durch die Bauten sei, dass um den Tiergarten ein geschlossener Wärmering entstehen und dadurch die Jahresmitteltemperaturen in der Innenstadt um 1,5 Grad steigen könnten. Um gegenzusteuern, schlugen die Gutachter die Anlage des Gleisdreieckparks mit 60 ha (30 ha sind es dann geworden) vor, und dass keine weiteren geometrischen Hindernisse in der Belüftungsschneise zwischen Tiergarten und südlichem Stadtrand gestellt werden. Das war die Begründung für die ökologischen Ausgleichsflächen auf dem Gleisdreieck, die dann von den Investoren des Potsdamer und Leipziger Platzes finanziert wurden.

1994, März

Notenwechsel zwischen der Deutschen Bahn und dem Land Berlin. Darin wird vereinbart, dass das Land Berlin 16 ha zum Preis von 80 DM/m² zur Anlage von ökologischen Ausgleichsflächen erwerben kann. Von den 16 ha sollen 8 – 10 ha auf dem Potsdamer Güterbahnhof westlich der neuen Bahnstrecke und bis an das Kanalufer heranreichen. Der Rest soll auf dem Anhalter Güterbahnhof (heute Ostpark) ausgewiesen werden. Im Gegenzug sichert das Land Berlin der Bahn Baurechte zu, die in Verhandlungen konkretisiert werden sollen.

1998

  • Die Baulogistik auf dem Gleisdreieck für Potsdamer und Leipziger Platz und die Tiergartentunnel beendet ihre Arbeit.
  • Die Normenkontrollklage der Interessengemeinschaft Gleisdreieck wird vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Interessengemeinschaft  Gleisdreieck hatte geklagt, weil die ökologischen Ausgleichflächen auf dem Gleisdreieck nicht gesichert waren. Das Gericht stellt in der Begründung fest, das Land Berlin habe ja inzwischen einen Entwurf für einen Flächennutzungsplan vorgelegt, mit dem vier Bauflächen aber auch die ökologischen Ausgleichsflächen gesichert würden.
  • Gründung der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., nachdem CDU und FDP die auf dem Gleisdreieck geplante, aber Ende der 1980er Jahre gecancelte Autobahn Westtangente wieder in ihre Wahlprogramme aufgenommen hatten.

2004

In der Ladestraße auf dem Anhalter Güterbahnhof soll nach dem Willen des Regierenden Bürgermeisters Wowereit und Bausenatorin Junge-Reyer das weltgrößte Riesenrad platziert werden. Technikmuseum, Bürgerinitiativen und Anwohner*innen sind dagegen. Die Senatsverwaltung argumentiert, wenn auf der von der VIVICO vorgeschlagenen Baufläche „Schwechtenpark“ nicht das Riesenrad käme, könne der städtebauliche Vertrag nicht abgeschlossen werden. Die Berliner Zeitung findet heraus, dass der Geschäftsführer der World-Wheel-Holding in Hamburg in einen Korruptionsskandal verwickelt war. Und das Technikmuseum präsentiert einen Mäzen, der aber nur spenden will, wenn dort kein Riesenrad hinkommt. Das Riesenrad-Projekt wird daraufhin an den Bahnhof Zoo verlegt, wo es später pleite macht. Die Anleger verloren dabei rund 200 Mio. €. Der Tagesspiegel recherchiert später, dass der vom Technikmuseum präsentierte Mäzen gar nicht über das versprochene Vermögen verfügte.

2005

Abschluss des städtebaulichen Rahmenvertrags Gleisdreieck zwischen VIVICO, Land Berlin und Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Aus vier im Flächennutzungsplan vorgesehenen Bauflächen sind nun fünf Bauflächen geworden: Schwechtenpark (kauft das Land Berlin mit 5.8 Mio. € für das Technikmuseum, damit der Vertrag nicht scheitert), Möckernkiez, Yorckdreieck, Urbane Mitte und Flottwellpromenade. Die zulässigen Bauvolumen auf den Bauflächen wurden kurz vor Vertragsschluss noch erhöht. Auf dem Potsdamer Güterbahnhof wird nur 4 ha ökologische Ausgleichsfläche ausgewiesen – nicht 8-10 ha wie im Notenwechsel von 1994 vereinbart. Der Rest der Ausgleichsfläche wird auf den Anhalter Güterbahnhof geschoben. Durch die im Flächennutzungsplan bisher nicht vorgesehene Baufläche Flottwellpromenade wird der Westpark sehr schmal.

Für die Baufläche „Urbane Mitte“ wird im Vertrag festgehalten: Bruttobauland 4,3 ha, Nettobauland 3,4 ha. Geschossflächenzahl 3,5. Die Schätzung des Nettobaulands stellte sich später als falsch heraus, da die VIVICO den Flächenbedarf der Bahn (S1, S2, S21, Rettungsplatz am Tunnel), der BVG und der STATION (ehemals Postbahnhof) unterschätzt hatte. Link zum Vertrag: https://gleisdreieck-blog.de/wordpress/wp-content/uploads/2022/04/RV-Gleisdreieck_Endfassung_060505_mitAnlagen.pdf

2006

  • Landschaftsplanerischer Wettbewerb für die Gestaltung des Parks. Gewinner ist das Atelier Loidl.
  • Aufstellung des Bebauungsplans Gleisdreieck, der dann später in Projektbebauungspläne aufgeteilt wird.

2007

Im Januar beginnt die Realisierung des Parks mit der Einrichtung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe „PAG“. Teilnehmer: Atelier Loidl, Senatsverwaltung, Bezirksämter F’hain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg und sechs gewählte Anwohnervertreter*innen.

2010

Rettung der Kleingartenkolonie „POG“, die in den zukünftigen Park integriert wird. Der Vereinssport, von der Senatsverwaltung seit den 1990er Jahren anstelle der Gärten geplant, wird auf dem Dach des Baumarktes Hellweg im Yorckdreieck platziert. Vorausgegangen war ein Runder Tisch unter der Leitung von Bezirksbürgermeister Schulz mit Beteiligung der Gärtner, der Sportverbände und Bürgerinitiativen.

2011

Eröffnung des Ostparks

2013

Eröffnung des Westparks

2014

Eröffnung des Flaschenhalsparks

2014, Januar

Die COPRO erwirbt das Grundstück „Urbane Mitte“ von der CA Immo / VIVICO für 7,8 Mio €. Zuvor hatte die BVG sich zwei Jahre lang um das Grundstück bemüht. In der Antwort auf eine kleine Anfrage antwortete die Senatsverwaltung am 4. Mai 2023:

. . . Trotz mehrfachem Bekunden, dass die BVG kaufinteressiert ist, verkaufte die Vivico ihre Flächen dann an den Investor, die Urbane Mitte Entwicklungs-GmbH & Co. KG. Die BVG konnte aufgrund der Kurzfristigkeit der Anfrage kein Einvernehmen mit dem damaligen Grundstückseigentümer Vivico bzw. ihrem Rechtsnachfolger über die Offenlegung der Kaufkonditionen herstellen . . .“

siehe: https://gleisdreieck-blog.de/2023/05/29/wie-die-werkstaetten-der-bvg-am-gleisdreieck-weggentrifiziert-wurden/

2014, Oktober

Die COPRO tritt mit der Ankündigung von drei Fach- und drei Bürgerdialogen erstmals an die Öffentlichkeit.

2014, November

Der erste Bürgerdialog wird übertönt von den Abrissarbeiten für das alte Ringbahnviadukt.

2015, Februar

11.02.2015  – noch bevor das sogenannte Konsenspapier als Abschluss der Fach- und Bürgerdialoge veröffentlicht wird, treffen sich Baustadtrat Pannhof, die Senatsverwaltung sowie Vertreter der Copro einschließlich Rechtsanwalt und legen als Baumasse die Bruttogeschossfläche von 119.000 m² fest. Im städtebaulichen Vertrag von 2005 war vorgesehen eine GFZ ( Geschossflächenzahl) von 3,5 und als Berechnungsgrundlage das „Nettobauland“ von 34.000 m², was 119.000 m² Bruttogeschossfläche ergeben hätte. Nachdem inzwischen klar geworden war, dass das Nettobauland wesentlich kleiner ist (ca. 24.000 m²) als ursprünglich geschätzt, verständigen sich die Teilnehmer bei dem Treffen, dass dennoch an der gleich hohen Bruttogeschossfläche festgehalten werden soll. Das führt später zu einer GFZ von 5,1 im südlichen Baufeld und zu 4,4 im nördlichen Baufeld, obwohl der Vertrag von 2005 nur eine GFZ 3,5 vorsieht. Siehe https://fragdenstaat.de/anfrage/gespraech-am-11-februar-2015-der-vertragspartner-des-staedtebaulichen-rahmenvertrages-von-2005/

2015, Februar

Die COPRO präsentiert ein „Konsenskonzept“ mit der Zielgröße von 100.000 m² Bruttogeschossfläche. Alle kritischen Stimmen aus den vorangegangenen Dialogveranstaltungen fallen dabei unter den Tisch.

2015, Herbst

Internationaler Architekturwettbewerb. Alle 25 eingeladenen Architekten übererfüllen brav die Ausschreibung mit 110.000 m² Bruttogeschossfläche. Es gibt zwei Gewinner, „Ortner und Ortner“ und „Cobe Berlin“, da die Jury sich nicht einigen kann.

2016, Februar

Erste (sogenannte frühzeitige) Auslegung des Bebauungsplans Urbane Mitte auf der Grundlage der zwei Gewinner-Entwürfe. Erstmals ist von 119.000 m² Bruttogeschossfläche die Rede. 143 Anwohner*innen beteiligen sich mit kritischen Stellungnahmen.

2016

Nach der Auslegung des Bebauungsplans wird nur noch der Entwurf von „Ortner und Ortner“ weiterverwendet. Das Büro „Ortner und Ortner“ hatte zuvor schon mit der COPRO zusammengearbeitet.

2016, August

Für den Bau der Fundamente der Brauerei BRLO stauen sich die Betonmischfahrzeuge mehrere Tage lang in der Schöneberger Straße – ein Vorgeschmack auf zukünftige Bauarbeiten: https://gleisdreieckverkehr-blog.tumblr.com/page/5
https://vimeo.com/177984823 

2017, Herbst

Die kritischen Stellungnahmen der Bürger*innen zum Bebauungsplan bleiben bei dessen Abwägung unberücksichtigt. Die Bezirksverordnetenversammlung winkt den Bebauungsplan durch in die nächste Runde. Link zum Dokument der Abwägung (10 MB)

2018, Juni

Nach mehrfachen Verschiebungen wird vom Investor ein Verkehrs- und Baulogistikkonzept präsentiert, nach dem die Schöneberger, die Luckenwalder und die Trebbiner Straße den zukünftigen Verkehr mit Leichtigkeit aufnehmen könnten. Dass die Straßen auch ohne das Projekt „Urbane Mitte“ oft im Chaos versinken, wird ausgeblendet.

2018, Juni

Teilung des Bebauungsplans in einen nördlichen und einen südlichen Bereich. Grund: der nördliche Bereich wird später von der neuen S-Bahn-Linie S21 durchfahren und die Bahn kann noch keine verbindlichen Pläne für die Gleisführung vorlegen.

2020, Oktober

Die Urbane Mitte Besitz GmbH wird in einem ShareDeal nach Luxemburg verkauft. Der Kauf wird vom DLE Funds finanziert. Laut Kaufvertrag wird der Verkehrswert mit 162 Mio. € angenommen. Der DLE Funds teilt seinen Anlegern mit, der Wert des Grundstücks betrage 204 Mio. €. Beim Grundbuchamt wird ein Verkehrswert von 11,3 Mio. € angegeben. (Dies alles wird jedoch erst zwei Jahre später bekannt.)

2020, 1. November

Generalversammlung der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. in Luxemburg. 89% gehören nun der GLB Projekt 4 S.à.r.l. die wiederum zu 100% dem DLE Funds gehört. 11% der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. gehören weiterhin den vorherigen Gesellschaftern. Davon entfallen ca. 8,7% auf die UMB Beteiligungs-GmbH, die zur COPRO-Gruppe gehört, ca. 2,3 % gehören der TST Invest GmbH. Mindestens 142,5 Mio. € sind tatsächlich bei der UMB Beteiligungs-GmbH und der TST Invest GmbH angekommen. Der Geldfluss ist ablesbar aus den beim Bundesanzeiger hinterlegten Bilanzen der beiden Firmen. (Dies alles wird jedoch erst zwei Jahre später bekannt.)

2020, 16. November bis 16. Dezember

Zweite Auslegung des Bebauungsplans, diesmal nur für den südlichen Bereich, VI-140cab „Urbane Mitte Süd“

2021, 18. Januar bis 18. Februar

Die Auslegung des Bebauungsplans VI-140cab „Urbane Mitte Süd“ vom November 2020 wird aus formalen Gründen wiederholt. Es ist unklar, welche Gründe das sind.

2021, 24. Januar

Elf Initiativen und ein Naturschutzverband bitten in einem gemeinsamen Brief an die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses, ihre Kritik am Bebauungsplan im Ausschuss vortragen zu können.

2021, März

Auf der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses erklärt das Stadtentwicklungsamt, dass die Abwägung der Stellungnahmen der Bürger*innen zum Bebauungsplan bis Mitte April vorliegen soll.

2021, 14. April

Die Initiativen werden in den Stadtentwicklungsausschuss eingeladen und tragen in elf Beiträgen die Kritik an dem Bauvorhaben der Urbanen Mitte vor. Im Anschluss wird die angekündigte Abwägung der Stellungnahmen auf unbestimmte Zeit verschoben. Die elf Vorträge als PDF-Dokument

2021, September

Um die Gebühren für die Umschreibung des Eigentums auf die Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. berechnen zu können, fragt das Grundbuchamt nach dem Wert des Grundstücks. Ein Rechtsanwalt teilt im Auftrag der Investoren mit, der Verkehrswert des Grundstücks betrage 11,3 Mio. €.

2021, November

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken wird festgehalten:

„Es wird geprüft, ob und inwieweit der städtebauliche Vertrag zur Urbanen Mitte den aktuellen klimapolitischen Aufgaben und den Bedarfen vor Ort noch gerecht wird und eine Anpassung von Art und Maß der Bebauung ermöglicht wird.“

2022, April

Unter dem Titel „Das Projekt Urbane Mitte kommt voran“ wird in der Immobilienzeitung berichtet: Die Pläne für die Urbane Mitte seien überarbeitet worden, so dass man nun dank Dachbegrünung das Problem mit dem Regenwasser im Griff habe. Weiter sei der Anteil für Büros von 70 auf 50 bis 60% reduziert worden. Mit der Verabschiedung des B-Plans sei im 3. Quartal 2022 zu rechnen.

2022, Mai

Im Stadtentwicklungsausschuss wird über die immer noch nicht vorliegende Abwägung zum Bebauungsplan gesprochen. Es sei einiges geändert worden, so dass eine weitere Auslegung notwendig sei, die im Herbst 2022 stattfinden soll.

2022, September

Auf Einladung der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e. V. kommen nacheinander Sprecher*innen der Grünen, Linken und SPD zu Gesprächen am Bauzaun. Die Frage ist, wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Prüfung des Bauvorhabens Urbane Mitte erfolgt ist. Ergebnis: Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen, Grüne und Linke positionieren sich eindeutig gegen das Projekt, die SPD will an den Bebauungsplänen festhalten, jedoch studentisches Wohnen anstelle von Büros.

2022, 22. Oktober

Die Berliner Zeitung berichtet ausführlich über das Gleisdreieck. Dadurch wird erstmals öffentlich, dass die „Urbane Mitte“ schon zwei Jahre zuvor in einem ShareDeal nach Luxemburg verkauft wurde.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/urbane-mitte-streit-um-hochhausplanung-am-gleisdreieck-li.277477

2022, 30. Oktober

Der Tagesspiegel berichtet, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überprüfung des Projekts nach Art und Maß der Nutzung sei durch die Senatsverwaltung schon im April 2022 erfolgt. Die Senatsverwaltung halte fest an den 119.000 m² Bruttogeschossfläche, diese seien den Investoren zugesagt worden.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/nachstes-zoffthema-in-der-koalition-spd-grune-und-linke-streiten-uber-plane-fur-berliner-gleisdreieck-8808730.html

Dezember 2022

Zwischen Weihnachten und Neujahr gibt Senator Geisel eine Pressemitteilung heraus, dass die Überprüfung des Projekts Urbane Mitte nun abgeschlossen sei und das man unverändert an den sieben Hochhäusern festhalten wolle. Mehr Infos zum weihnachtlichen Prüfbericht auf gleisdreieck-blog.de

Januar 2023

Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt einen Runden Tisch, dessen Ergebnisse in die weitere Planung einfliesen sollen. Drucksache – DS_0527_VI – Urbane Mitte Zukunftsfähige Quartiere – Einrichtung eines Runden Tisches „Urbane Mitte“

Juli 2023

Die Abwägung zum Bebauungsplan VI-140cab „Urbane Mitte Süd“ ist fertig und wird vom Baustadtrat Florian Schmidt in das Bezirksamt eingebracht. Das Dokument mit 1915 Seiten enthält Stellungnahmen Trägern öffentlicher Belange, Vereinen, Nachbarn und 587 Bürgern. Acht Bürger begrüßen das Vorhaben, 579 Bürger sprechen sich dagegen  aus. Am 30. August soll das Dokument der „Abwägung“ in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht werden. Von dort soll es dann in die Ausschüsse verwiesen werden, bevor dann die finale Beschlussfassung in der Bezirksverordnetenversammlung stattfinden kann. Link zur Abwägung (Achtung ca. 20 MB)