Keine Hochhäuser am Park. Stop „Urbane Mitte“!
Warum wir gegen die sieben Hochhäuser sind
Höher als der Park breit !
Urbane Mitte ist ein Bauprojekt, direkt an der Ostseite des Westparks, dieser wiederum ist Teil des Gleisdreieckparks. Der Name „URBANE MITTE“ ist so irreführend, wie das Bauprojekt umstritten. Die beiden mit 90 m höchsten der sieben Gebäude sollen unmittelbar an der Ostgrenze zum West-Park errichtet werden, höher, als der Park an dieser Stelle breit ist. Damit wird der Park optisch zum Vorgarten.
Was ist eigentlich urban?
Das friedliche Zusammentreffen vieler Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedenster Generationen. Genau das passiert im Gleisdreieckpark seit über 10 Jahren. Doch die Aufenthaltsqualität im Park ist bedroht durch die Hochhäuser. Die Gebäude produzieren durch ihre Höhe Verschattung und Fallwinde und durch die 100% Versiegelung wird es trockener und heißer.
Überzogene Baumasse
Die sieben Hochhäuser stehen auf ausladenden Sockelbauten. Insgesamt sind 119.000 m² Geschossfläche geplant, ein Stück Potsdamer Platz mitten im Gleisdreieck. Das ist mehr als im städtebaulichen Vertrag von 2005 vorgesehen. 2015 waren die Investoren noch mit 100.000 m² zufrieden, doch bei der Aufstellung des Bebauungsplans im Jahr 2016 waren es dann 119.00 m². Wer hat das zu verantworten?
Nur Büros und Kommerz geplant – keine Wohnungen
Die Investoren planen 70% Büros und 30% Kommerz. Braucht Berlin noch mehr Büros? Brauchen wir noch mehr Shoppingmalls? Der Gleisdreieckpark hat schon wunderbar funktioniert, bevor die ersten kommerziellen Angebote am Rand auftauchten. Noch mehr wäre definitiv zu viel. Wenn Berlin etwas braucht, dann sind es erschwingliche Wohnungen.
Urbane Mitte = Klimakiller
Die Tiefgaragen, die tragenden Kerne der Hochhäuser sind ohne Stahlbeton nicht machbar. Für die Herstellung der Gebäude würden weit über 100.000 Tonnen CO2 freigesetzt – für etwas, was nicht gebraucht wird. Die Hochhäuser der „Urbanen Mitte“ wären also nicht nur für das lokale Klima eine Katastrophe.
Die ökologische Funktion des Parks
Der Gleisdreieckpark wurde finanziert und angelegt als Ausgleichsfläche für die Bauten des Potsdamer und Leipziger Platzes. Die damaligen Gutachten beschrieben die Funktion des Gleisdreiecks als Frischluftschneise zwischen Tiergarten und südlichem Stadtrand. Genau diese Funktion würde durch die Hochhäuser eingeschränkt.
Alles Paletti laut Klima- und Windkomfortgutachten?
Die Gutachten zum Bebauungsplan, beauftragt und finanziert durch die Investoren, sind schwer mangelhaft. Beim Klima- und Windkomfortgutachten wurde als benachbarte Bebauung der Stand aus den 1980er Jahren angenommen! Alle neuen Bauten – vom Yorckdreieck über Dennewitz- und Flottwellstraße bis zum Potsdamer Platz – wurde in den Gutachten nicht berücksichtigt. Dennoch kommt das Gutachten zum Windkomfort zum Ergebnis, dass im westlich vor den Hochhäusern liegenden Park die Windkomfortkriterien nicht eingehalten werden können.
Dies liegt an der Anordnung und relativ großen Höhe der geplanten Gebäudestrukturen und ist als typisch für eine solche Bebauung anzusehen.
Studie zum Windkomfort der GEO-NET Umweltconsulting GmbH vom Oktober 2018 zum Bebauungsplan Urbane Mitte VI-140cab
Krasse Verschattung
Die Holzterrassen am Tunnelmund sind ein beliebter Treffpunkt im Westpark, doch sie werden durch den Bau bis in die Mittagsstunden verschattet sein.
Der Umweltbericht zum Bebauungsplan bezeichnet die Verschattung als unerheblich. Das stimmt – bei genauer Betrachtung des Planes – jedoch nicht. Betroffen sind zu verschiedenen Zeiten auch: Teile der Pohl- und Kurfürstenstraße – das Wäldchen am ehemaligen Anhalter Bahnhof südlich des Tempodroms – der Bülowbogen – der Nelly-Sachs-Park – die östlichen Fassaden der Dennewitzstraße – das Café Eule – der Park des Technikmuseums – der nördliche Teil des Ostparks . . .
Die psychologische Wirkung der Hochhausphalanx
Neben Verschattung und Wind ist die psychologische Wirkung der Bauten nicht zu unterschätzen. Eine Wand aus Hochhäuser wird auf die Besucher*innen sehr bedrängend wirken.
Architekt Meinhard von Gerkan im Interview mit dem Deutschlandfunk:
“ . . . Ich empfinde das, was die meisten Menschen empfinden, dass man sich beengt und bedrängt vorkommt, dass Hochhäuser zwangsläufig, wenn man nicht die letzte Erkenntnis von Luftströmungen studiert und die beachtet, es sich immer mit hohen Windgeschwindigkeiten verbindet, dass man also im Zug steht irgendwo . . . „
Link zum Interview mit dem Deutschlandfunk aus dem Jahr 2014
Erst Roden, dann Begutachten!
Nach diesem Motto sind die Investoren mit dem Natur- und Artenschutz umgegangen. Im Winter 2014/2015 wurde das ehemals grüne Gelände komplett abgeräumt. Der Gutachter zum Natur- und Artenschutz fand 2017 eine leergeräumte Fläche vor. Mehr Information auf gleisdreieck-blog.de
Verkehrschaos vorprogrammiert
Laut Verkehrsgutachten zum Bebauungsplan reichen Schöneberger und Luckenwalder Straße für die Erschließung des nördlichen Baufelds mit fünf Hochhäusern aus. Das südliche Baufeld soll durch die Trebbiner Straße erschlossen werden. Allerdings geht das Verkehrsgutachten davon aus, dass nie jemand in der zweiten Reihe parkt, was nicht nur in Kreuzberg unrealistisch ist. Auf dem Blog „Chaos am Gleisdreieck“ wird dargestellt wie es in den benachbarten Straßen zugeht.
Verschandelung der historischen Kulisse
Der U-Bahnhof Gleisdreieck und die Viadukte aus Stahl der U1 und der U2 prägen den Westpark des Gleisdreiecks. Durch die Hochhäuser mit den Sockelbauten wären sie vom Park aus kaum noch zu sehen.
Das Landesdenkmalamt und der bezirkliche Denkmalschützer weigerten sich 2015, an den Jurysitzungen des Wettbewerbs für die „Urbane Mitte“ teilzunehmen, weil die Wettbewerbsvorgaben aus ihrer Sicht keinen denkmalgerechten Umgang mit dem Ort zuließen.
In der Begründung zum Bebauungsplan Urbane Mitte VI-140cab wird nun folgendermaßen argumentiert, Seite 248:
Zu beachten ist, dass der Bahnhof Gleisdreieck nach Westen seine Rückseite zeigt, denn hier lagen historisch Güterbahnanlagen. Hier wurde keine Schauseite ausgebildet.
Diese Argumentation verkennt, dass der U-Bahnhof Gleisdreieck und die Viadukte nicht wegen ihrer Schauseite zur Straße unter Denkmalschutz stehen, sondern vielmehr wegen der eindrucksvollen Konstruktionen, die nur aus der Perspektive des Bahngeländes, des heutigen Parks sichtbar sind. Zitat aus der Beschreibung des U-Bahnhofs Gleisdreieck in der Datenbank des Landesdenkmalamtes:
Ein beeindruckendes Verkehrsbauwerk ist der in Teilen in luftiger Höhe schwebende Hochbahnhof Gleisdreieck . . .
100% Versiegelung
Als Bahngelände war das Grundstück mit Eisenbahnschotter belegt, also überwiegend nicht versiegelt. Nun soll mit zweigeschossigen Tiefgaragen das Grundstück zu fast 100% versiegelt werden – mit fatalen Folgen für das lokale Klima.
Wohin mit dem Regenwasser?
Bisher ist geplant, das Regenwasser aus den Baufeldern abzuleiten in die Mischwasser-Kanalisation, die unter den Kanaluferstraßen verläuft. Bei Starkregen kommt es jedoch zum Überlauf und zur ‚Entlastung‘ der Mischwasserkanalisation. Ungeklärte Abwässer (also Regenwasser + kontaminiertes Oberflächenwasser + Schmutzwasser von Gewerbe) fließen dann in den Landwehrkanal mit tödlichen Folgen für die dort lebenden Fische.
Hochaufragende Glasfassaden sind tödlich für Vögel
Millionen von Vögel sterben jährlich in Deutschland an den Glasflächen von Hochhäusern! Auch am Gleisdreieck?
Laut Hochhausleitbild ist der Standort ungeeignet
Nach dem geltenden Hochhausleitbild müsste der Standort an einer Hauptverkehrsstraße liegen, müsste im Zentrenkonzept als Zentrum vorgesehen sein, dürften weder Denkmalschutz noch Naturschutz berührt werden, müsste es einen Nutzungsmix mit mindestens 30% Wohnen geben – alles nicht der Fall hier.
Die Sicherheitsfrage
Die Planung für die „Urbane Mitte“ sieht eine Mischung bzw. Überlagerung von sieben Hochhaustürmen, drei U-Bahnlinien, einer S-Bahnlinie und zwei Bahnhöfen auf einer engen Grundfläche vor, die nur von zwei Seiten erschlossen werden kann.
Diese komplexe Gemengelage setzt einer profitmaximierenden Ausreizung des Baurechts Grenzen. Sie erfordert hohe Sorgfalt und Umsicht bei der Planung der inneren und äußeren Erschließung, besonders im Hinblick auf Katastrophenfälle.
Die Erschließung entspricht nicht diesen Anforderungen.
Die äußere Erschließung der „Urbanen Mitte“ kann nur über Nebenstraßen im Norden und Süden erfolgen, die den Komplex aber nur randlich berühren.
Die innere Erschließung wird nicht über öffentliche Straßen durchgeführt. Im B-Planentwurf lässt sich nicht erkennen, wo im inneren Plangebiet Flächen für die Evakuierung von Hochhäusern und Bahnhöfen ausgewiesen werden können.
Bodenspekulation ist die treibende Kraft
2014 erwarben die Investoren das Grundstück für 7,8 Mio. € von der CA Immo/Vivico. Im Herbst 2020, kurz vor der zweiten Auslegung des Bebauungsplans für den südlichen Teil, wurde die „Urbane Mitte“ in einem Sharedeal nach Luxemburg transferiert. Im Kaufvertrag wurde ein Verkehrswert von 162 Mio. € angenommen. Der Eigentümer des Grundstücks heißt seitdem Urbane Mitte Besitz S.à.r.l. Der Kauf wurde vom DLE Funds (Deutsche Landentwicklung) finanziert, der seinen Anlegern einen Marktwert von 204 Mio. € mitgeteilt hat. Dem Grundbuchamt in der Möckernstraße wurde jedoch ein Verkehrswert von 11,3 Mio. € angegeben (vermutlich um etwas Gebühren zu sparen). 142,5 Mio. € sind tatsächlich bei der UMB Beteiligungs GmbH und der TST Invest GmbH angekommen, die gemeinsam noch 11% der Urbanen Mitte Besitz S.à.r.l. halten. Der Geldfluss ist ablesbar aus den beim Bundesanzeiger hinterlegten Bilanzen der beiden Firmen.