„Ich behalte mir vor, das Verfahren an mich zu ziehen“.
Der Satz stammt aus einem Brief, den Senator Gaebler vor ca. zwei Wochen an das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gesandt hat. Baustadtrat Florian Schmidt zitierte diesen Satz auf der Sitzung des Stadtentwicklungsausschuss am 11.04.2024 im Rathaus Kreuzberg. In dem Brief des Senators ist die Weisung an das Bezirksamt enthalten, das Bebauungsplanverfahren Urbane Mitte Süd weiter zu führen, ansonsten behalte der Senat sich vor, das Verfahren an sich zu ziehen. Am vergangenen Dienstag hat Baustadtrat Florian Schmidt der Senatsverwaltung dann geantwortet, dass er zur Zeit das Bebauungsplanverfahren nicht weiterführen kann, weil er sonst gegen einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung verstoßen würde.
Am 31.01.2024 hatte die BVV einen Antrag beschlossen mit dem Titel:
“Urbane Mitte neu denken: Bebauungsplanverfahren ergebnisoffen gestalten”
Damit sollte ein Neubeginn in der Regie der BVV unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher Initiativen gestartet werden. Zur Konkretisierung hatte der Ausschuss für Stadtentwicklung am 7. März 2024 die Einrichtung einer interfraktionellen Steuerungsgruppe beschlossen. Im dem Text wird die Aufgabe der Steuerungsgruppe folgendermaßen beschrieben:
“ . . . Aufgabe der Steuerungsgruppe ist es eine Planungswerkstatt zu organisieren, bei der über mögliche Anpassungen für das Vorhaben (B-Plan VI-140abc „Urbane Mitte Süd“) diskutiert wird. Das Projekt soll im Rahmen der Veranstaltung nach städtebaulichen Kriterien geprüft werden sowie aktuelle Bedarfe (z.B. bezahlbares Wohnen, soziale Infrastruktur, Grünflächenerhalt) und klimapolitischen Notwendigkeiten diskutiert werden . . .“
Nun nachdem Dank der Gutachten von Dr. Philipp Schulte und Prof. Dr. Beckmann die Gefahr des Schadenersatzes in dreistelliger Millionenhöhe gebannt ist, besteht zum ersten Mal seit 2014 die Möglichkeit frei über die Entwicklung in der Mitte des Gleisdreiecks zu sprechen. Jetzt sieht es so aus, als wollte der Senator genau dies verhindern. Die Angst vor Schadenersatz soll wohl ersetzt werden durch die Angst, der Senat könnte das Verfahren an sich ziehen.
Nur – für die Senatsverwaltung gilt das gleiche Baugesetzbuch wie für den Bezirk. Wer die Gutachten von Dr. Philipp Schulte und Prof. Dr. Beckmann aufmerksam liest, wird feststellen, dass beide Gutachten davon ausgehen, dass der Bebauungsplan in der vorliegenden Form bei Gericht durchfallen wird.
Der Senator sollte sich also gut überlegen, was er da tut. Zieht er das Verfahren an sich und setzt den mit hunderten von Fehlern infizierten Bebauungsplan fest, droht eine lange juristische Auseinandersetzung. Die Entwicklung am Gleisdreieck wäre für Jahre blockiert.
Stattdessen sollte die Chance genutzt werden, die die Einrichtung der Steuerungsgruppe und die anvisierte Planungswerkstatt bieten. Die Chance, zu einem angemessenem Konzept für das Grundstück in der Mitte des Gleisdreiecks zu kommen, sollte nicht vertan werden.