Für die Einbringenden erläuterte Sarah Jermutus (Bündnis 90/die Grünen) den Antrag.
„Bisher haben wir das Bebauungsplanverfahren verwaltet, nicht gestaltet. Eine wirklich freie Entscheidungsfindung schien nicht möglich. Von daher schafft das Ergebnis des Gutachtens, dass der Entschädigungsmechanismus aus dem Rahmenvertrag ungültig ist, dass eine Änderung der Planung möglich ist, eine völlig neue Situation. Und all das wäre nicht möglich gewesen, ohne das erste Gutachten der AG Gleisdreieck und der Naturfreunde. Das hat all das überhaupt erst ins Rollen gebracht. Von daher an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Initiative.
Die BVV ist jetzt in der Pflicht, hier aktiv zu werden. Deshalb haben wir gemeinsam mit der LINKEN und der SPD heute einen Dringlichkeitsantrag eingebracht. Unser Antrag fordert, das Vorhaben nach städtebaulichen Kriterien zu prüfen und einen ergebnisoffenen Prozess zu starten, um mögliche Änderungen zu diskutieren. Der Antrag beinhaltet auch den Auftrag an das Bezirksamt, im Anschluss an diesen Prozess den aktuellen Entwurf des Bebauungsplans zu überarbeiten.
Als BVV sind wir jetzt gefordert, aus der Kritik der letzten Jahre etwas zu machen, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und Expert*innen.
Es bleibt dabei: Das Projekt ist stadtentwicklungspolitisch und klimapolitisch vollkommen aus der Zeit gefallen. Die Nutzung – Büro- und Gewerbeflächen – geht an den Bedarfen der Bevölkerung komplett vorbei. In Zeiten der Klimakrise so viel Fläche in unserer Stadt zu versiegeln, ist einfach nur absurd. Es braucht keine weiteren Bürotürme in unserem Bezirk sondern bezahlbaren Wohnraum, soziale Infrastruktur und Grünflächen. Es braucht mindestens weniger Gebäude in weniger Höhe und eine andere Nutzung.
Neben der Frage, was mit dem Bauvorhaben jetzt passiert, steht in den letzten Tagen häufig die Frage im Raum: Was wird der Senat jetzt machen? Wird er das Projekt an sich ziehen? Ich weiß nicht, was der Senat plant. Aber wir können nicht aus Sorge vor dem Senat jetzt nicht handeln. “
Auch für Gaby Gottwald (Linke) ist nun der Weg frei „für eine Planung, die sich an den heutigen Bedarfen und vor allem klimapolitischen Notwendigkeiten anpasst.“ Die Rechtsgutachten seien bedeutsam nicht nur für dieses eine Projekt, sondern stärkten generell die Bezirke in ähnlichen Auseinandersetzungen mit Investoren. „Mit diesem Gutachten ist ein wichtiger Paradigmenwechsel angestoßen.“ Auch sie bedankte sich bei der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck, die mit Beharrungsvermögen und fachlicher Expertise das bezirkliche Handeln immer wieder in Frage gestellt hat. „Da hat die Initiative der BVV aufs Pferd geholfen!“
Frank Vollmert (SPD) wies in seinem Beitrag den Antrag der CDU, die Beschlussvorlage in den Ausschuss zu überweisen, zurück: „Wir finden einen Überweisungsantrag nicht notwendig, weil wir in dem Antrag eine politische Willensbekundung formulieren und keine Entscheidung vorwegnehmen. Wir können daher den Antrag durchaus beschließen und gleichzeitig das Gutachten im Stadtplanungsausschuss weiter beraten. Ein großer Dank an die Trüffelschweine der Initiative „Gleisdreieck retten“. Ihr habt das gefunden, was uns aus der Umklammerung der Investoren ein Stück weit befreit.“
Die Reden in vollständiger Länge: https://www.youtube.com/watch?v=GsSWlvogako
Der Dringlichkeitsantrag im Wortlaut: Urbane Mitte neu denken: Bebauungsplanverfahren ergebnisoffen gestalten